Agiles Projektmanagement
Projektmanagement – traditionell, iterativ, agil
Traditionelles Projektmanagement orientiert sich vor allem an einer starken Planung. Umfangreiche Planungsprozesse bilden die Basis, um letztendlich ein Projekt zum Erfolg zu führen. Diese Denkweise spiegelt sich auch in der Projektorganisation nach PMI® wieder. Der PMBOK® Guide als Standardwerk des PMI® fasst dabei alle Prozesse, die sich mit der übergeordneten Organisation und dem Management von Projekten und allen damit verbundenen Aspekten (im PMBOK® Guide „Knowledge Areas“ genannt) in einer Prozessmatrix zusammen. Es setzt die Prozesse über ihre Inputs und Outputs in inhaltliche und organisatorische Zusammenhänge und strukturiert das Projektmanagement anhand seiner Prozesse. Mit dieser Denkweise hat sich die dazugehörige Zertifizierung zum PMP® weltweit durchgesetzt, sie ist international am stärksten verbreitet und mittlerweile als Zertifizierung für Projektmanager nahezu unerlässlich.
Betrachtet man die Prozesslogik des PMI® genauer, fällt vor allem auf, dass ein starker Fokus auf die Planung und die dazugehörigen Planungsprozesse gelegt wird. Dies folgt dem traditionellen und stark planungsorientierten Ansatz des Projektmanagements.
Bei Projekten, in denen die Anforderungen, die an das Projektergebnis (auch Liefergegenstand oder Deliverable genannt) gestellt werden, bekannt sind bzw. genau definiert werden können, ist eine umfangreiche Planung maßgeblich für den Erfolg oder Misserfolg eines Projektes verantwortlich. Besonders in IT-Projekten lassen sich die Anforderungen und damit verbunden der Projektumfang, die Kosten und der zeitliche Umfang oftmals nicht gut planen. Daher werden Projekte in der IT-Entwicklung häufig in kleinere Projektphasen aufgeteilt, z.B. in die Entwicklung einzelner Softwarekomponenten, die dann nach und nach erweitert werden. Solche iterativen Lebenszyklen helfen die Arbeit des Projektteams von Phase zu Phase zu verbessern und ein besseres Verständnis für die oftmals nicht genau definierten Anforderungen der Kunden zu formen. In stark iterativen Lebenszyklen findet beispielsweise zu Beginn eines Projektes eine Erhebung der Anforderungen auf einem sehr hohen Niveau statt.
Aber auch dieser iterative Ansatz des Projektmanagements geht in einigen Projektumgebungen nicht weit genug. Ständige Änderungen oder Ergänzungen der Anforderungen und somit des Projektumfangs machen nicht nur eine gute Planung nahezu unmöglich, sondern auch die Einteilung des Projektes in Iterationen bzw. kleinschrittige Projektphasen. Solche agilen Projekte müssen durch eine äußerst flexible und dynamische Projektorganisation ausgestaltet werden, um auf die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen reagieren zu können.
Adaptive project life cycle, a project life cycle, also known as change-driven or agile methods, that is intended to facilitate change and require a high degree of ongoing stakeholder involvement. Adaptive life cycles are also iterative and incremental, but differ in that iterations are very rapid (usually 2-4 weeks in length) and are fixed in time and resources.
Project Management Institute, A Guide to the Project Management Body of Knowledge, (PMBOK® Guide) – Fifth Edition, Project Management Institute Inc., 2013
Dies umfasst auch eine starke Beteiligung der Stakeholder. Anforderungen müssen nicht nur ständig neu erarbeitet werden, sondern auch vom Projektsponsor oder dem Kunden abgenommen werden. Eine Abnahme des Liefergegenstandes oder Deliverable erst am Ende eines Projektes, wie es der traditionelle Ansatz des Projektmanagements vorsieht, oder auch eine Validierung der Teilergebnisse am Ende einzelner Projektiterationen, wie es das iterative Projektmanagement vorsieht, reichen in agilen Projektumgebungen nicht aus. Stakeholder und Kunden müssen schon bereits in den einzelnen Planungsprozessen involviert werden und bei der Definition von Anforderungen und Projektumfang maßgeblich beteiligt werden.
Änderungen der Anforderungen und somit des Scopes dürfen darüber hinaus nicht erst einen umfangreichen Freigabeprozess durchlaufen, indem beispielsweise ein Change Control Board über jede Änderung entscheidet. Ein System zur Organisation von Änderungen, das es ermöglicht, Änderungen bzw. Change Requests schnell und ohne großen organisatorischen und formalistischen Aufwand in das Projekt zu integrieren, sind daher eine notwendige Voraussetzung, um auf die Herausforderungen einer sich ständig ändernden Projektumgebung reagieren zu können und Kosten sowie zeitlichen Aufwand eines Projektes nicht explodieren zu lassen.
Die Gefahr, dass ein agiles Projekt vor allem ein finanzieller Misserfolg wird und scheitert, ist groß, bedeutet aber nicht, dass diese Projekte von vorherein zum Scheitern verurteilt sind. In der Softwaretechnik bietet die Scrum-Methode einen Ansatz, agile Projekte zu managen. Scrum soll dabei bewusst nicht als Vorgehensweise verstanden werden, sondern als Rahmenwerk, innerhalb dessen agile Projekte angesiedelt werden können. Ähnlich der Logik des PMI® versteht sich Scrum als übergeordnete Projektorganisation, die dann wiederum mittels konkreter Tools und Techniken ausgestaltet werden muss, um in der Praxis angewendet werden zu können.